Zwei Häuser für die Pariser Oper
Die Pariser Oper ist weltberühmt. Nicht nur Opernliebhaber bekommen leuchtende Augen beim Gedanken an das ehrwürdige Haus. Auch Liebhaber historischer Romane, Cineasten und sogar Musicalbesucher sind von dem berühmten Opernhaus begeistert. Der Grund dafür liegt in dem Bestseller „Das Phantom der Oper“, der Anfang des 20. Jahrhunderts von Gaston Leroux geschrieben wurde. Schauplatz des Romans ist die 1875 eröffnete Opéra Garnier.
Zur Opéra National de Paris gehört außer dem Palais Garnier aus dem 19. Jahrhundert die Opéra Bastille: Der Bau des Architekten Carlos Ott verfügt über eine High-Tech-Bühnenausstattung und rund 2.700 Sitzplätze, die alle eine gute Sicht auf die Bühne bieten. Seit einigen Jahren ist die Bastille-Oper sozusagen das Flaggschiff der Pariser Musiktheater. Der gewaltige Komplex steht an einer historischen Stelle: Hier fand am 14. Juli 1789 der berühmte Sturm auf die Bastille statt, mit dem die Französische Revolution begann. Und genau zum 200. Jahrestag des Ereignisses fand die Eröffnung des neuen Opernhauses statt – mit einem historischen Drama eines französischen Komponisten: den Trojanern von Hector Berlioz.
Die Opéra Garnier
Die Opéra Garnier gehört zu den architektonischen Sehenswürdigkeiten von Paris. Das 1875 eröffnete Opernhaus ist mit einer Fläche von 11.237 Quadratmetern das größte Theater der Welt. Was die Anzahl der Sitzplätze betrifft, wird der Saal allerdings von der Mailänder Scala und der Wiener Staatsoper übertroffen. Seinen Namen verdankt der Prachtbau seinem Erbauer Charles Garnier, der das Haus den Wünschen des damaligen Publikums gemäß entwarf. Im 19. Jahrhundert war ein Opernbesuch vor allem ein gesellschaftliches Ereignis, „sehen und gesehen werden“ lautete das Motto. Dementsprechend haben die Logen im Zuschauerraum eine Hufeisenform. Die Sicht auf die Bühne ist zwar von einigen Plätzen nicht unbedingt die Beste, aber dafür ist der Blick auf die anderen Logen immer einwandfrei. Damals war es übrigens noch nicht üblich, die Beleuchtung im Saal während der Vorstellung zu löschen. So spielte das Geschehen in der gegenüberliegenden Loge manchmal die eigentliche Hauptrolle des Abends.
Auch die spektakuläre Marmortreppe im Foyer wurde extra für das „Schaulaufen“ des Publikums konzipiert. Das gesamte Opernhaus strahlte damals in seiner Pracht mit den Besuchern um die Wette. Allein im Treppenhaus wurden über 30 verschiedene Marmorsorten verarbeitet. Die Nischen über der Loggia zieren vergoldete Büsten großer Komponisten und der Kristall-Lüster im Saal wiegt ganze acht Tonnen. Eine Anspielung auf einen bis heute ungeklärten Unfall im Jahr 1896, bei dem das Gegengewicht des Kronleuchters herunter stürzte und eine Besucherin tötete, findet sich übrigens auch in Gaston Leroux berühmten Schauer-Roman wieder. Auch der unterirdische See, den das Phantom mit seiner Barke befährt, existiert wirklich. Er entstand aufgrund des hohen Grundwasserspiegels bereits während des Baus. Heute wird er, wenig romantisch, von der Feuerwehr kontrolliert und regelmäßig leergepumpt. Seit der Einweihung eines zweiten Opernhauses im Jahr 1989 wird die Opéra Garnier hauptsächlich für Ballettaufführungen des Ballet de l'Opéra de Paris und für die Aufführung klassischer Opern genutzt.
Die Opéra Bastille
Neben der prachtvollen und geschichtsträchtigen Opéra Garnier wird heute noch ein zweites Gebäude vom Ensemble bespielt: die Opéra Bastille. Dieses neue Opernhaus sollte die Opéra Garnier, bis dahin zentrale Spielstätte der Opéra National de Paris, entlasten. Es wurde am Abend des 13. Juli 1989 als Auftakt der Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag des Sturms auf die Bastille und dem Beginn der Französischen Revolution feierlich eröffnet. Der reguläre Opernbetrieb wurde aber erst im Frühjahr 1990 aufgenommen. Während die Opéra Garnier so gebaut wurde, dass sich die Besucher möglichst gut gegenseitig beobachten können, wurde beim Bau der Opéra Bastille – unseren heutigen Vorstellungen entsprechend – auf eine ungehinderte Sicht auf die Bühne geachtet. Die Bühnentechnik ist mit dem historischen Bau der Opéra Garnier nicht zu vergleichen. Im modernen Haus finden neun verschiedene Bühnen Platz, sie können einfach mit ihrer kompletten Dekoration gewechselt werden.
Ebenfalls Ende der 80er Jahre erhielt die Tanzschule der Oper ein eigenes Gebäude. Lange Zeit wurde in den Räumen der Oper unterrichtet, die für diese Nutzung aber absolut ungeeignet waren. Die ungünstigen Lernbedingungen der Schüler prägten damals den Begriff der Ballettratten. Die Schule der Oper gilt als älteste Ballettschule der westlichen Welt, ihre Gründung geht auf die Regierungszeit von Ludwig XIV. zurück. Im Jahr 2013 wird sie ihr 300-jähriges Bestehen feiern.
© Paris Tourist Office - Photographie Claire Pignol (Opéra Bastille und Opéra Garnier)